Arbeiten & IV: Eine junge Frau findet ihren Weg
Die Rabatte beim Haupteingang des BSB ist klein, doch Meret Anderson trägt stolz die Verantwortung dafür. Sie bestimmt das Muster und die Art der Blumen beim Bepflanzen. Bei einem anderen Beet achtet sie darauf, wann Kompost nötig ist oder wann Gräser geschnitten werden müssen. Im Moment noch unter Anleitung, bis sie ein eigenes Gefühl dafür hat.
Ein glanzvoller Lehrabschluss
Im letzten Sommer hat sie ihren Abschluss zur Gärtnerin EBA mit Bravour, mit 6,0, geschafft. Der Weg dahin war steinig. Nach der Matura begann sie ein Biologiestudium. Seit etwa ihrem 10. Lebensjahr begleiten die junge Frau Ängste und Depressionen. Während dem Studium, in dem feste Schulstrukturen fehlten, erlitt sie ihren ersten Zusammenbruch und trat 2018 in eine Klinik ein. Die Invalidenversicherung (IV) vermittelte ihr Arbeit auf einem Hof mit Tieren, ein Büropraktikum in einem Jugendsozialwerk und ein Praktikum in der BSB Gärtnerei. Die Arbeit mit den Händen bereitete ihr Freude. So begann sie eine Lehre als Gärtnerin EFZ bei der Stadtgärtnerei, doch bald hielt sie den Druck nicht mehr aus, brach ihre Lehre ab und ging 2021 erneut in die Klinik. Die Klinikaufenthalte helfen ihr, sich wieder auf das Leben einzustellen sowie neugierig und offen zu sein.
Im Sommer 2021 konnte sie bei der BSB Gärtnerei eine Gärtnerlehre mit eidgenössischem Berufsattest beginnen. Wiederum begleiteten sie Ängste und Unsicherheiten. Ihre Berufsbildnerin Cécile Wunderlin glaubte an sie und ihre Fähigkeiten und übte geduldig mit ihr. Dieses Vertrauen festigte sie und heute weiss sie, dass sie keine «Hochleistungs-Meret präsentieren» muss. Wenn es ihr nicht so gut ging, durfte sie in Ruhe jäten. Eine Arbeit, die sie heute noch liebt, denn «jäten ist wie meditieren.»
Die glückliche Pflanzenexpertin
Seit letztem September arbeitet die 27-Jährige in der BSB Gärtnerei. Der Wechsel von der Lernenden zur Mitarbeiterin mit IV-Rente verunsicherte sie. Der Druck des Lehrabschlusses war zwar weg. Doch wie schwebt man nun «im Freien»? Cécile Wunderlin ist immer noch eine wichtige Bezugsperson. Die junge Frau vertraut stärker auf sich selber. Mit grosser Freude vermehrt sie Pflanzen und beobachtet, wie sie sich entwickeln. Bei ihren Freunden gilt sie als Pflanzenexpertin. Überhaupt stärken sie ihr Freundeskreis und ihr Partner, mit dem sie seit letztem Sommer zusammenlebt. Ihr Gesundheitszustand schwankt. Mit einem 50%-Job bleibt ihr genug Energie für ihre eigene Wohnung und ihr privates Leben.
«Verantwortung für Aufgaben zu übernehmen, tut mir gut», meint sie bestimmt. «Während vielen Jahren kämpfte ich und hatte Angst, nichts zu finden, das mir Spass macht und mich interessiert. Heute bin ich glückliche Gärtnerin.» Sie hofft, in Zukunft die Hilfe, die sie erfahren hat, anderen zurückgeben zu können. Jungen Menschen rät sie, möglichst viel bei der Berufswahl auszuprobieren, sich nicht einschüchtern zu lassen, Hilfe anzunehmen und verschiedene Berufe auszuprobieren, bis man den für sich passenden gefunden hat