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Wohnen und IV | 21. März 2024 | Beatrice Koch

Wohnen & IV: Auf dem Weg in ein eigenständiges Leben unterstützen

20 junge Erwachsene in IV-Massnahmen finden im Wohnhaus Alemannengasse ein vorübergehendes Zuhause. Das Betreuungsteam begleitet sie auf ihrem Weg zum Lehrabschluss und zu einem möglichst eigenständigen Leben.

«Jeder Tag ist anders», sagt Katarina Milenkovic, angehende Sozialpädagogin im dritten Studienjahr. «Die Arbeit ist nicht planbar, es wird nie langweilig.» Tatsächlich sind die Aufgaben des Betreuungsteams im BSB-Wohnhaus Alemannengasse vielfältig: Neben der eigentlichen agogischen Arbeit unterstützt es die Bewohnerinnen und Bewohner bei den Hausaufgaben und beim Zusammenstellen von Bewerbungsdossiers, beim Kochen und beim Saubermachen. Es sorgt dafür, dass sie pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen und spricht sich mit Lehrmeistern, Beiständen, der IV und den Eltern ab. «Unser Hauptziel ist es, dass die Jugendlichen ihren Lehrabschluss machen und anschliessend selbstständig leben können», erklärt Jan Kropf, der als Sozialpädagoge seit über 20 Jahren im Wohnhaus tätig ist. «Wir wollen für die Bewohner einen stabilen, familiären Rahmen schaffen», ergänzt Katarina.

Ein vorübergehendes Zuhause

Insgesamt 20 junge Männer und Frauen in beruflicher Abklärung oder in Ausbildung finden im Wohnhaus Alemannengasse ein vorübergehendes Zuhause. Zwei von ihnen leben in einer separaten Trainingswohnung, die übrigen sind in zwei Wohngruppen mit je einer Küche und einem Wohnzimmer aufgeteilt. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind kognitiv und/oder psychisch eingeschränkt, viele von ihnen stammen aus schwierigen Familienverhältnissen.

Offene Kommunikation pflegen

«Sie haben meist ein schlechtes Selbstwertgefühl», sagt Jan. «Wir möchten hier Situationen schaffen, in denen sie sich aufgehoben fühlen und erfolgreich sind.» Im Wohnhaus legt man Wert auf offene Kommunikation, gute Fehlerkultur und konstruktive Rückmeldungen – nicht nur gegenüber den Jugendlichen, sondern auch innerhalb des Betreuungsteams: «Wir gehen wertschätzend und offen miteinander um», sagt Katarina. «Auch wenn es mal jemandem von uns nicht gut geht, wird das akzeptiert.» Sie als Auszubildende geniesse einen gewissen Schutz: «Ich bin ein vollwertiges Teammitglied, darf mich aber auch zurückziehen, wenn es mir zu viel wird.» Ähnlich empfindet es Nick Egeli, der erst seit wenigen Monaten im Wohnhaus arbeitet und zuvor Langzeitarbeitslose betreute: «Als ‹Neuer› konnte ich mich von Anfang an einbringen. Es wurde von mir aber nicht erwartet, dass ich gleich voll einsteige.»

Eigene Interessen einbringen

In der Alemannengasse ist ein Kernteam aus drei bis vier Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen jeweils für eine Wohngruppe zuständig. Gemäss dem Bezugspersonensystem haben die jungen Erwachsenen eine Ansprechperson, die verantwortlich ist für die Fördermassnahmen und den Entwicklungsprozess. Dabei dürfen die Teammitglieder auch ihre persönlichen Interessen und Kompetenzen einbringen, zum Beispiel ein Sportprogramm auf die Beine stellen oder Computerkurse anbieten. Bei der Schichtübergabe werden alle wichtigen Informationen wie Termine oder Krankheitsfälle abgesprochen und zusätzlich im Tagesprotokoll schriftlich festgehalten. Dass ist auch deshalb wichtig, weil die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, mit Ausnahme von Wohnhausleiter André Moser, höchstens zu 80% arbeiten und sich nicht jeden Tag über den Weg laufen.

Sich aufeinander verlassen

Vertrauen und ein guter Zusammenhalt im Team seien wichtig, sagt Nick: «Im Wohnhaus kommen ganz unterschiedliche Leute mit unterschiedlichen Problemen zusammen.» Krisen sind häufig, und immer wieder kommt es vor, dass die Bewohnerinnen und Bewohner die Teammitglieder gegeneinander auszuspielen versuchen. «Da muss man sich gegenseitig unterstützen.» In der Alemannengasse funktioniere das gut: «Hier herrscht eine gute Teamkultur.» Im Wohnhaus gebe es keine Einzelkämpfer, Entscheidungen werden in der Regel im Team getroffen. Und, trotz der herausfordernden Arbeit, komme auch der Humor nicht zu kurz, sagt Nick: «An unseren Sitzungen wird viel gelacht.»

Portrait Beatrice Koch

Beatrice Koch

Freie Journalistin und Texterin im Pressebüro Kohlenberg in Basel

Béatrice Koch schreibt mit Vorliebe über gesellschaftliche, soziale und kulturelle Themen sowie Porträts, u. a. für das BSB-Magazin Horizont.

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