Wohnen mit Service: Die Ersten im Gemeinschaftswohnen
Selbständig im Alter wohnen mit Service
Esther Herzog fiel die Entscheidung, Anfang Februar 2023 ins Gemeinschaftswohnen umzuziehen, nicht leicht. Wegen gesundheitlicher Probleme im vergangenen Jahr wollte sie nicht mehr alleine wohnen. Das neue Gemeinschaftswohnen passe gut zu ihr. Mitte März stehen noch ein paar Schachteln nicht ausgepackt in ihrem Studio. Hilfe dafür nehme sie keine an, sie müsse den Überblick über ihre Sachen behalten.
Sie hat ihr Leben immer wieder selber in die Hand genommen. Sie wuchs mit zwei Brüdern im Neubad-Quartier auf. Mit sechs Jahren (1949) musste sie wegen eines angeborenen Herzfehlers ins Kinderspital. Damals beschloss sie, Kinderkrankenschwester zu werden. Sie lernte Mitte der 60er-Jahre am Kinder- und Frauenspital sowie in einem Kinderheim in Langenbruck Kinderkranken-, Wöchnerinnen- und Säuglingsschwester und arbeitete anschliessend für drei Jahre im Kinderspital. Doch schon bald zog es sie in die Ferne.
Eine lehrreiche Zeit in Tansania
Von 1970 bis 1973 arbeitete sie als Kinderkrankenschwester in einem Waisenhaus der Baldegger-Schwestern in Tansania. Während 3½ Monaten lernte sie Suaheli, um gut mit jungen einheimischen Frauen zusammenarbeiten zu können. Diese Erfahrung prägte ihr weiteres Leben. Ab Oktober 1973 bis 1991 war sie Wochenbettpflegeschwester am Frauenspital Basel. In jener Zeit veränderte sich der Umgang mit den jungen Müttern und ihren Säuglingen stark. Beispielsweise durften in den 60er-Jahren die Wöchnerinnen drei Tage lang nicht aufstehen und die Säuglinge wurden ihnen nach einem festen Rhythmus zum Stillen gebracht. Ab 1973 durften die jungen Mütter nach der Geburt sofort aufstehen. In Tansania erlebte Esther Herzog, wie Mütter frei nach den Bedürfnissen ihrer Kinder stillten. Diese Veränderung hielt in den 80er-Jahren in der Schweiz Einzug und die ambulante Geburt wurde möglich.
Mit dem Aufkommen der ambulanten Geburt reduzierten sich die Aufgaben der Kinderkranken-, Wöchnerinnen- und Säuglingsschwester. Deshalb wechselte Esther Herzog 1991 in die Langzeitpflege im BSB Pflegezentrum am Bruderholz. Sie war die stellvertretende Pflegeleiterin. Während 1½ Jahren drückte sie noch einmal berufsbegleitend die Schulbank im «Führen in der Langzeitpflege». Sie zieht Parallelen zu ihrer früheren Arbeit: «Ältere Menschen können oft nicht mehr ihre Bedürfnisse artikulieren. Das ist ähnlich wie bei den Säuglingen. Es braucht deshalb viel Einfühlungsvermögen.»
Berufliche Chancen für junge Mütter
Esther Herzog wählte ihren Beruf aus Berufung und musste sich – wie damals die meisten Frauen – zwischen Beruf und Familie entscheiden. Leomarielina Silverio, die verantwortliche Betreuerin im Gemeinschaftswohnen, konnte nach ihrer Ausbildung zur Pflegeassistentin im BSB Wohn- und Pflegezentrum Zum Lamm (2011) und der Geburt ihres Sohnes (2012) an verschiedenen Orten als Pflege- und Büroassistentin weiterarbeiten. Ab 2015 kehrte sie zum BSB zurück und war Pflegeassistentin im Pflegezentrum Weiherweg bis zur Geburt ihrer Tochter (2021). Sie bildete sich zur Arztsekretärin weiter. Im Dezember 2022 kam sie zu BSB Wohnen mit Service. «Das BSB gab mir als junge Mutter eine tolle Chance. Meine Arbeit ist sehr familienfreundlich», betont sie. Der Umgang mit den älteren Menschen im Gemeinschaftswohnen gefällt ihr sehr gut: «Man muss sich zurücknehmen und ihnen ihre Freiheiten lassen. Das Gemeinschaftswohnen ist eine sehr spannende neue Wohnform für ältere Menschen. Eine schöne Gemeinschaft ist am Wachsen, wir freuen uns, wenn alle 17 Studios besetzt sein werden.»
Wohnen im Alter mit Service
Nach dem gemeinsamen Mittag- und Abendessen bleiben die aktuell sechs älteren Bewohnerinnen und Bewohner gerne zum Plaudern etwas länger sitzen. Esther Herzog geniesst ihre Freiheit, sie kann kommen und gehen wie sie will, oft trifft sie sich mit ihren Bekannten und Freunden ausser Haus. Sie ist erleichtert, nicht mehr fürs Essen einkaufen und sich bei gesundheitlichen Problemen nicht mehr alleine fühlen zu müssen.