Arbeiten & IV: Der Coiffeursalon ist ihr Diamant
Für unser Gespräch lädt sie uns herzlich ein, im Innenhof Platz zu nehmen. Mit sichtbarer Freude arbeitet sie seit acht Jahren wieder in ihrem geliebten Beruf als Coiffeuse und als Fachabklärerin. Zusammen mit Anna Binder, die ebenfalls Berufsbildnerin im Salon ist, betreuen sie aktuell zwei Auszubildende und eine Person, die sich in der beruflichen Massnahme befindet. Ihr Salon ist mit dunklem Eichenparkett und hell in Silber- und Grautönen eingerichtet.
Eine Erkrankung mit weitreichenden Folgen
Wegen ihrer Augenerkrankung stand Florence Engel damals vor ähnlichen Herausforderungen wie die Personen, die sie heute als Fachabklärerin im Rahmen einer beruflichen Massnahme der Invalidenversicherung begleitet. Ihr Augenleiden hinderte sie am Arbeiten und gleichzeitig schlägt ihr Herz für den Coiffeurberuf. Ihr IV-Berater und ein «toller Case Manager des BSB» - wie sie erzählt – griffen ihr unter die Arme. Als Erstes musste sie gesund werden. Danach lernte sie Schritt für Schritt stundenweise beruflich wieder einzusteigen und gleichzeitig sich selbst nicht mehr zu viel zuzumuten. Es war eine schwierige Zeit. Gleichzeitig scheint ihr diese Erfahrung heute die nötige Geduld und ein grosses Verständnis für andere Menschen zu geben.
Eine Passion für den Coiffeurberuf und die Berufsbildung
Ihre grosse Leidenschaft für den Coiffeurberuf und die Berufsbildung spüren wir unmittelbar – in ihren Augen und in ihren Erklärungen. Die IV-Ausbildung mit EBA, EFZ oder als Hilfskraft sei eine grosse Chance für die jungen Menschen, die ganz unterschiedliche Rucksäcke mit sich tragen. Häufig kommen sie direkt von der Schule, manchmal sind sie ohne Schulabschluss. Gespräche seien sehr wichtig, sie müsse die Lernenden als Menschen sehen und spüren, wo der Schuh drückt. Florence Engel braucht als Berufsbildnerin und Fachabklärerin Selbstbewusstsein, ein gutes Gespür für die jungen Menschen und viel Zeit, insbesondere vor den Prüfungen.
Zu Beginn der Ausbildungszeit haben wir einen Topf mit fruchtbarer Erde, in diesen legen wir einen Samen und nach zwei bis vier Jahren sehen wir, welche schöne Rose daraus werden wird.
Ein Salon wie (fast) jeder andere
Sie führt den Salon möglichst ähnlich zu denjenigen im so genannten allgemeinen Arbeitsmarkt. Bei diesen Partnerbetrieben absolvieren die Lernenden häufig auch Praktika. Von der speziellen Ausbildungssituation soll die Kundschaft nichts bemerken. Sie meint: «Einfach und offen auf Kundinnen und Kunden zu zugehen, ist ein anspruchsvolles Thema bei der Ausbildung. Zum Coiffeurberuf gehört dieser enge und direkte Kontakt jedoch dazu. Manchmal hilft auch ein bisschen Training.» Sie möchte den jungen Menschen den Weg in die faszinierende Welt der Haarmode ebnen. Der Beruf soll ein wenig wie ihr Hobby werden.
10 Jahre berufliche Abklärungen
Seit zehn Jahren bietet das BSB Abklärungen bei beruflichen IV-Massnahmen im Coiffeur Diagonal an. Das wurde im Juni mit einem Apéro gefeiert. Florence Engel erfährt grossen Rückhalt innerhalb des BSB, insbesondere auch bei schwierigen Fragen. Als Berufsbildnerin habe sie gelernt, «morgens eine Ritterrüstung anzuziehen und sie abends wieder abzulegen.» Manche Momente machen sie traurig, aber das Positive überwiege, insbesondere, wenn «ihre» Lernenden erfolgreich ihre Ausbildung abschliessen und selbständig in ihr Berufsleben starten. Sie ist überzeugt, dass es Organisationen wie das BSB braucht, die Menschen, die kleinere oder grössere Rucksäcke mit sich tragen, während bestimmten Lebensabschnitten, individuell unterstützen.
«Der Salon und seine Menschen sind mein Diamant, an dem ich ständig schleifen kann.» Diese Begeisterung glauben wir ihr aufs Wort.